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Pflanzenfärben 1×1: Was ist Beizen?
„Was ist Beizen?“ Hast du dich das auch schon gefragt, vielleicht beim Blättern in einem Färbebuch? Wenn du vom Beizen nur eine vage Vorstellung hast, dann weißt du wahrscheinlich schon, dass es „irgendwie ziemlich wichtig“ ist. Ist Beizen ein Thema, vor dem du Respekt hast, oder das dich sogar vom Färben mit Pflanzen abgehalten hat? Nach diesem Artikel fühlst du dich damit sicherer.
Die Beizen ermöglichen, pflanzliche Farben zu „fixieren“ – ich nenne es ungern so, denn das Wort verkürzt ziemlich, dafür kann man sich aber direkt was darunter vorstellen. Das Beizen ist wichtig für gut haltbare Pflanzenfarben, und es erfordert auch ein bisschen Präzision. Aber wenn du es einmal verstanden hast, kannst du es wirklich ohne Probleme selber machen!
Fehler Nummer 1: Essig statt Beize
In Workshops wird mir oft Folgendes erzählt: Erste Färbeversuche hätten gar nicht funktioniert, obwohl einer Anleitung zum Färben gefolgt wurde. Diese Anleitung hat zum Beispiel Essig als Beize genannt, oder auch Backpulver, das helfen sollte, pflanzliche Farben im Stoff zu fixieren. Schon mal vorab: Bitte nicht nachmachen! Funktioniert nämlich mit den Pflanzenfarben so nicht.
So funktionieren pflanzliche Farbstoffe
Um ganz am Anfang zu beginnen – sehr viele der pflanzlichen Farbstoffe gehören zu den sogenannten „additiven“ Farbstoffen*. Einfach gesagt bedeutet das, dass sie sich nicht direkt mit der textilen Faser (also dem Stoff oder Garn, das du färben möchtest) verbinden können. Sie brauchen etwas zum „addieren“, sozusagen ein Mittelstück zum Andocken an die Faser. Mit dem können sie dann eine Bindung eingehen. Dieses Mittelstück (bildlich stelle ich es mir als Brücke vor) ist in dem Fall die Beize: sie verbindet sich einerseits mit dem Textil, und auf der anderen Seite mit dem Farbstoff.
*Außer diesen, auch additiven Beizfarbstoffen genannt, gibt es noch einige „substantive“ Farbstoffe. Die können sich auch ohne Beize mit einer Faser verbinden.
Die Wirkung der Beize
Zum einen nehmen vorgebeizte Fasern, ob Stoff oder Garn, beim Färben mit Pflanzen die Farbe besser (oder überhaupt nennenswert) an. Und zum anderen ist vor allem auf lange Sicht die Haltbarkeit der Farben besser! (Der zweite wichtige Faktor für die Farbechtheit ist übrigens die gewählte Pflanze, denn verschiedene pflanzliche Farbstoffe haben hier ganz verschiedene Eigenschaften. Aber das ist ein anderes Thema.)
Die Funktion der Beize ist also, eine stabile Bindung zwischen Textil und Farbstoff zu ermöglichen. Die Art der Beize, für die du dich entscheidest, hat außerdem noch einen Einfluss auf das Farbergebnis. Zum Teil einen großen Unterschied, wie den zwischen Zitronengelb und Dunkelgrau!
Beizen sind Salze
Wenn wir beim Pflanzenfärben von Beizen sprechen, dann meinen wir damit bestimmte Salze verschiedener Metalle – nicht aber das Speisesalz aus der Küche, Natriumchlorid. Die anfangs genannten Essig und Backpulver sind keine Metallsalze. Sie können Pflanzenfarben verändern (bei manchen Farben sogar sehr radikal), das liegt dann aber an der Veränderung des pH-Werts und verbessert hier nicht die Farbechtheit.
Aus Umwelt- und Gesundheitsgründen sind für mich und dich hier vermutlich vor allem Salze von Aluminium und Eisen relevant.
Wenn man in älteren bis sehr alten Färbebüchern liest, findet man auch Rezepte mit anderen Metallsalzen, zum Beispiel Chrom- oder Blei-Beizen. Die werden heute in der Hausfärberei aber überhaupt nicht (mehr) verwendet. Auch wenn man sich auf die beiden oben genannten Beizen beschränkt, kann man ein großes Farbspektrum und gute Haltbarkeit erreichen. Auch Kupfer verwende ich nicht zum Beizen.
Sicherheit beim Beizen
Ich empfehle dir, von Anfang an ein paar Regeln beim Umgang mit Beizen zu verinnerlichen – damit bist du, und alle Personen und Haustiere in deinem Haushalt, immer sicher. Im Großen und Ganzen kannst du dir diese Regeln generell für das Färben mit Pflanzen einprägen.
Töpfe und Löffel, die zum Beizen verwendet werden, werden nicht mehr für Lebensmittel verwendet. Wenn du gerade erst beginnst, genügt dir auch ein einziger Topf. Vielleicht findest du einen (aus Edelstahl oder Emaille) auf dem Flohmarkt. Und wenn du dazu vielleicht noch zwei 10-Liter Eimer hast, um Flüssigkeiten zu „parken“, reicht das vollkommen.
Erhitzt du deine Beize, dann achte darauf, deinen Arbeitsraum gut zu belüften, wenn du nicht draußen arbeiten kannst. Trage Gummihandschuhe, wenn du Beize anmischst, oder in die flüssige Beize greifen möchtest. Nicht weil die Beize in üblicher Konzentration ätzend wäre, sondern weil auch die Haut Stoffe absorbieren kann – nur mal angenommen, du möchtest die nächsten vier Jahrzehnte weiter Beizen und mit Pflanzen färben, da könnte sich wahrscheinlich ganz schön was ansammeln… Beschrifte Beizgefäße deutlich mit ihrem Inhalt, lasse sie nicht offen stehen, und Kinder oder Haustiere nicht unbeaufsichtigt damit.
Einige Beizen oder Hilfsstoffe sind sehr feine Pulver – bevor du die in Wasser löst, trage beim Verarbeiten auch einen Atemschutz, gegebenenfalls auch eine Schutzbrille.
Falls bei dir jetzt alle Alarmglocken läuten: Hier gilt einfach „Vorsicht ist besser als Nachsicht“. Das mit der Atemmaske ist vielleicht erstmal lästig – aber letztlich trägst du sie hier nur beim Abwiegen und Einrühren, also wirklich nur für eine kurze Weile.
Aluminiumsalze zum Beizen: Alaun und Kaltbeize
Hauptsächlich gibt es zwei bis drei verschiedene Formen von Aluminium, mit denen Färber*innen arbeiten. Alaun, dessen Kristalle ähnlich aussehen wie Tafelsaz (Kaliumaluminiumsulfat); Aluminiumacetat (oder essigsaure Tonerde), welches man in Deutschland soweit ich weiß nicht in Pulverform kaufen kann; und das häufig als Kaltbeize (oder Kaltbeize-AL) bezeichnete Aluminiumtriformiat, ein sehr feines Pulver (mit Atemmaske arbeiten).
Kaltbeize ist meine liebste Variante, die ich fast immer benutze.
Welche du benutzt, ist ein bisschen persönliche Vorliebe, oder vielleicht kannst du eine Beize auch einfacher einkaufen.
Für all diese Aluminiumbeizen gibt es verschiedene Rezepte, die zum Teil für verschiedene Fasern „optimiert“ sind. Lass dich nicht irritieren, wenn du ein Rezept empfohlen bekommen hast, und dann ein anderes findest. Auch beim Beizen führen verschiedene Wege ans Ziel. (Nur nicht der Weg, bei dem du Essig zum Beizen nehmen sollst…) Wähle die Methode, die für dich und deine Werkstatt oder Wohnung und deine freien Zeitfenster am besten passt. Meine Lieblingsbeizen besprechen wir ausführlich in den Kursen und im Onlineworkshop.
Was ich an Kaltbeize mag: Man braucht nicht viel davon, kann die Flüssigkeit lange aufbewahren und wieder verwenden, und sie eignet sich ideal zum Beizen bei Zimmertemperatur, kann aber auch etwas erhitzt werden wenn es schneller gehen soll.
Beizen mit Eisen
Eisen lässt sich als Eisensulfat (auch Eisenvitriol gennant) in Kristallform kaufen, oder als sogenannter Eisenessig selbst ansetzen. Den Eisenessig kannst du mit Eisenteilen (wie zum Beispiel alten Nägeln), Essigessenz und etwas Wasser selbst anmischen, und dann warten, bis sich etwas tut – das Eisen liegt dann in Form von Eisenacetat vor.
Ich persönlich arbeite lieber mit Eisenessig, aber ein klarer Vorteil von Eisensulfat als Salz ist natürlich, das die Dosierung viel einfacher ist.
Besonders Eisen kann nämlich Fasern brüchig machen, wenn du zuviel davon benutzt. Wenn du also Eisenessig verwendest, verdünne ihn erstmal ordentlich. Diese Eigenschaft von Eisen ist auch der Grund, warum ich es eher selten als Vorbeize nutze, sondern vorsichtig dosiert als Nachbeize. Hier wird eine (verdünnte) Eisenlösung benutzt, um nach dem Färben die Farbe weiter zu entwickeln. Mir ist diese Reihenfolge lieber.
Sojamilch statt Beize
Statt mit Metallsalzen zu Beizen, kann man auch Sojamilch verwenden. Das funktioniert etwas anders, da man sich hier zunutze macht, dass Sojabohnen sehr eiweißreich sind.
Der Mechanismus der Verbindung zwischen Farbstoff und Textil ist ein anderer: Sojamilch ist in Ostasien ein traditioneller Binder, um mit Farbstoffen, aber auch Pigmenten zu arbeiten.
Für das Färben mit Pflanzen lässt man dafür Stoffe aus pflanzlichen Fasern (wie Baumwolle, Leinen, Hanf zum Beispiel) in verdünnter Sojamilch Einweichen oder bestreicht sie damit, und lässt das Ganze trocknen ohne zu spülen.
Dadurch erhalten die Zellulosefasern eine Eiweiß-Beschichtung, und werden in ihrem Verhalten ähnlich den tierischen Fasern – Wolle und Seide, den Eiweißfasern. Die haben eine hohe Affinität, Farbstoffe an sich zu binden, und das gleiche gilt für die Sojavorbehandlung von pflanzlichen Fasern.
Vor dem Benutzen sollten diese Stoffe dann auch noch eine längere Ruhezeit bekommen. So können die Eiweißverbindungen aushärten, und werden nicht direkt vom Stoff gewaschen.
Die Farben auf herkömmlich gebeizten Stoffen unterscheiden sich mal mehr, mal weniger stark von denen auf soja-behandelten. Insbesondere Gelbtöne sind oft weniger brillant, andere Farben werden teils sogar gesättigter.
Vor allem anfangs sind die Farben hier weniger reibecht, das sollte man beim Waschen beachten. Mit der Zeit lässt das nach, weil die Eiweißverbindungen weiter aushärten.
Wenn ich diese Methode benutze, mache ich die Sojamilch aus ganzen Sojabohnen selbst, ich finde sie so ergiebiger. Du kannst auch gekaufte Milch verwenden, dann am besten eine mit möglichst wenigen Zusätzen.
Ich habe meine ‚Sojamethode‘ von John Marshall übernommen und für mich passend gemacht. auf dessen Webseite gibt es dazu Infos, und noch mehr in dem kleinen Büchlein ‚Salvation through Soy‘ (das wohl inzwischen vergriffen ist). Meine Methode findest du auch in meinem E-Book!
Beizen achtsam verwenden
Noch ein letzter Tipp zum Abschluss: Wenn du irgendwo eine Beize kaufst, vielleicht eine, die dir ganz neu ist, dann achte einfach auf die mitgelieferten Sicherheitshinweise. Also das Kleingedruckte, das man gerne übersieht… Die sind für dich eine gute Erinnerung, worauf du beim Umgang mit der Substanz achten solltest.
Möchtest du noch mehr? Hier gibt es ein (sehr unterhaltsames) Video von maiLab, in dem es auch um Aluminiumsalze (hier in Deos) geht.
Alle Angaben sind nach bestem Wissen und Gewissen recherchiert, doch inhaltliche Fehler können sich einschleichen. Bitte mach dich auch selbst schlau, womit und wie du beizt. Achte auf den richtigen Umgang mit Metallsalzen und arbeite nicht mit dir unbekannten Substanzen. Ich übernehme keine Haftung für etwaige negative Folgen.
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