Färben mit der Indigo-Salzmethode

Einfach blau färben mit Indigo: Salz und frischer Färberknöterich

Diese Methode zum Blau färben mit Indigo mag ich sehr gerne, weil sie so zugänglich ist. Ich kann direkt im Garten die frisch gepflückten Blätter verarbeiten, ohne viel Zubehör, ohne Stromanschluss. Am besten funktioniert es mit den frischen Blättern vom Färberknöterich (auch Japanischer Indigo), Polygonum tinctorum. Aber auch mit Waid, Isatis tinctoria, ergaben sich schöne Farben, wenn auch heller. Alles was es dazu braucht, ist eine kleine Menge Salz und den Stoff. Im Vergleich zu den verschiedenen Küpen, mit denen man sonst blau färbt, ist das eine enorme Vereinfachung!

(Möchtest du lieber das blaue Pigment aus Pflanzen zu gewinnen? Das geht auch, und ist etwas komplexer.)

Ein japanisches Rezept geht um die Welt

Vor der Anleitung noch ein wenig Kontext: Zum ersten Mal habe ich von dieser „salt rub method“ in einer Facebook-Gruppe gelesen. „Indigo pigment extraction methods“ empfehle ich allen Indigo-Interessierten. Eine globale Community stellt hier spannende Fragen und teilt Experimente. Die Gruppe ist eine echte Bereicherung! Egal ob du in Kübeln gärtnerst oder auf einem großen Acker, hier findest du andere, die das gleiche probieren, hilfreiche Dokumente und einen Platz für Fragen, die trotzdem noch auftauchen. Gegründet hat die Gruppe Brit Boles, als seaspellfiber bei Instagram zu finden.
Aus der Gruppe kenne ich dieses Video, in dem eine japanische Indigofärberin unter anderem die Salz-Methode demonstriert. Sehr sehenswert! Die Färberei liegt nördlich von Kyoto. Mit Japanisch-Kenntnissen kannst du dich auf der Webseite ja mal umschauen.

Und schon mal vorneweg: Zum Färben nach dieser Methode brauchst du nur die Blätter. Wenn du deinen Färberknöterich vermehren möchtest, stelle die Stängel nach dem Entfernen der Blätter in Wasser. Binnen einer Woche bilden sie neue Wurzeln, und du kannst sie einpflanzen!

Junge Färberknöterich-Stängel, die ich schon im Mai geschnitten hatte, extra zum Vermehren. Nach einer Woche haben sie reichlich Wurzeln. Ganz so viele Blätter brauchen sie übrigens nicht zum Bewurzeln, das geht auch mit fast kahlen Stängeln.

Und so färbst du Blau mit Indigo und Salz

Diese Methode funktioniert am besten auf tierischen Fasern wie Seide und Wolle. Pflanzliche Fasern kannst du mit Sojamilch vorbehandeln, wenn du sie mit dieser Methode färben möchtest.
Pflücke die Blätter vom Färberknöterich – für eine kräftige Farbe sollte es wenigstens das Doppelte vom Stoffgewicht in Blättern sein. Arbeite möglichst rasch nach dem Pflücken: diese Methode funktioniert dank der Enzyme in der Pflanze, und die werden durch Wärme mit der Zeit abgebaut. Wenn du nicht direkt loslegen kannst, ich habe auch gute Erfahrungen mit Blättern, die über Nacht im Kühlschrank waren.

Ich zerrupfe die Blätter einmal, und gebe auf etwa 50g Blätter einen Teelöffel Salz dazu. Nun wird die Blattmasse mit dem Salz geknetet, bis mehr und mehr Flüssigkeit austritt – je nach Menge der Blätter gebe ich noch etwas Salz dazu. Gib dem Kneten der Blätter etwas Zeit, anfangs scheint es mir immer, als bräuchte ich mehr Salz. Dann geht es aber plötzlich ganz schnell, und die blaugrüne Flüssigkeit wird mehr und mehr!
An diesem Punkt gebe ich den Stoff (vorher in Wasser eingeweicht und ausgedrückt) in die Masse, und massiere die Flüssigkeit in den Stoff. Wenn du Wolle färbst kann das Reiben die Fasern filzen. In dem Fall knete nur vorsichtig die Flüssigkeit in die Faser.

Je nach Erntezeitpunkt und Faser variieren die Töne von Blau bis zu eher türkisgrünen Tönen. Besonders variabel waren meine Farbergebnisse mit Waidblättern – richtige Blautöne habe ich nur mit dem Färberknöterich bekommen. Möchtest du Blau färben, wie man es sich eher unter Indigo vorstellt, dann empfehle ich dir, eher in einer Küpe zu färben.

Aber auch mit der Salzmethode kannst du Töne vertiefen. Dafür färbst du mehrmals nacheinander. Allerdings brauchst du dafür dann wieder frische Indigoblätter, anders als bei einer Küpe, in der man etliche Farbzüge nacheinander färben kann.

Seide, die dreimal mit frischen Blättern geknetet wurde, und einen dunkleren Ton bekommt.


Ich hoffe, du probierst diese Methode aus! Ich freue mich jedes Jahr darauf, wenn die Pflanzen endlich soweit sind.

Baumwolle blau und grün gefärbt mit frischem Indigo
Waid und Färberknöterich auf Baumwollstoffen getrocknet

Wenn du allerdings nicht einige Tage lang mit blauen Händen durch die Gegend laufen möchtest, solltest du das Ganze mit Handschuhen probieren.

Blauton variieren

Mit dieser Methode bekommt man oft ein eher türkises Blau. Das kannst du nach dem Färben noch ein wenig Richtung Blau schubsen!

Baumwolle und Seide frisch blau gefärbt mit Indigo

Dazu brauchst du nur eine Schüssel Wasser und ein wenig Waschsoda. Ich hatte auf einen guten Liter Wasser einen halben Teelöffel Waschsoda.
Besonders wenn du Seide oder Wolle gefärbt hast, solltest du nicht mehr Waschsoda als nötig benutzen: Sie macht einen alkalischen pH-Wert, und pH-Werte unter 9 kann die tierischen Fasern Wolle und Seide beschädigen.

In die Schüssel mit Wasser und Waschsoda kommen dann die mit der Salzmethode gefärbten Stoffe. Ich lasse sie dort einige Minuten drin und bewege die Stoffe ab und zu.
Dabei verfärbt sich das Wasser dann gelblich-grün, und die Stoffe werden etwas blauer!

Vergiss nicht, die Stoffe danach nochmal zu spülen – erst mit klarem Wasser, und dann füll nochmal die Schüssel mit Wasser und einem Schuss Essig. Damit gehst du auf Nummer sicher, dass der pH-Wert neutralisiert wird.

Färbernöterich-Stängel die zum Bewurzeln in Wasser gestellt wurden

Hier habe ich mal einen Vergleich gemacht, die schmaleren Seidenstreifen in der unteren Reihe waren im Waschsoda-Bad und haben dabei ihren Gelbstich verloren – leider hat die Kamera den Unterschied nicht so toll erfasst, aber erahnen lässt er sich immerhin!

Wieviel Färberknöterich brauchst du zum Färben?

Für die Proben mit dem Vergleich mit/ohne Sodaspülung habe ich die 10fache Menge Blätter zum Gewicht der Seide verwendet. Das waren ein kleines Seidentuch und die Proben, und weil Seide so federleicht ist, wog alles zusammen nur 4,5g – pro Färbedurchgang habe ich also 45g Blätter verwendet. Weniger geht auch, dann werden die Farben eben zarter!
Und wenn du dir darunter noch nicht viel vorstellen kannst: Für insgesamt vier Durchgänge habe ich etwa 60 Stängel geerntet, Ende Juli – das waren überwiegend schon sehr kräftige Pflanzen mit großen Blättern. Von meinem circa 1-Quadratmeter großem Beet war das etwa ein Fünftel.

Die Menge an Blättern/Farbstoffgehalt variiert natürlich je nach Zustand der Pflanze, aber so kannst du dir vielleicht ungefähr vorstellen, wie viele Pflanzen du gebrauchen kannst.
Wenn du keinen Garten hast, Färberknöterich wächst übrigens auch gut in großen Töpfen! Da musst du nur etwas mehr drauf achten, dass die Pflanzen genug Nährstoffe haben und nicht austrocknen. Saatgut kannst du hier finden.

Lokale Farbe, globaler Kontext

Ich finde es großartig, und wichtig, Färberpflanzen ganz lokal und unkompliziert zu erleben. So wird der Garten oder Hinterhof zur Ressource, und wir können selbst Stoffe färben mit Mitteln, die verständlich und greifbar sind. Für mich ist das ein ganz wichtiger Teil einer gelebten nachhaltigen Kleiderkultur. Und es ist so ein tolles, ermächtigendes Erlebnis! Gleichzeitig frage ich mich mehr und mehr, wo die Grenze zu kultureller Aneignung ist. Auch in diesem Fall. (Viele interessante Gedanken dazu gibt es in den Beiträgen zu #decolonisethegarden bei Instagram.)

Die (Weiter-)Verbreitung von Pflanzen ist „natürlich“, und Teil ihrer Überlebensstrategie. Auch gibt es eine lange Geschichte von Menschen, die Pflanzen gehegt, kultiviert und mit sich genommen und damit weiterverbreitet haben.

Insbesondere die Geschichte von Indigo ist aber mit viel Ausbeutung und Unrecht verbunden. Ein Buch, das Indigo in all seinen Facetten behandelt, ist Jenny Balfour-Pauls ‚Indigo. Egyptian Mummies to blue Jeans.‘ (Gerade im Juli 2024 ist das Buch vergriffen, aber in Bibliotheken lässt es sich sicher finden!)

Wir sollten auch genau hinschauen, denn wie leicht wird sonst die Realität der Kolonialisierung umerzählt und unsichtbar gemacht. Wie der Rest unserer Welt sähen auch unsere Gärten sehr anders aus ohne Beutezüge der Kolonialmächte. Die nicht nur Sklaven, Waren, Reichtum, fremde Pflanzen verschifften, sondern dabei auch die Idee, dass die Welt unser Garten ist, in dem wir uns überall bedienen können. Ungerechterweise dürfen sich manche bedienen, und andere ackern, um den Garten zu pflegen, und selbst ureigene Kulturtechniken und religiöse Praktiken sind Teil des Selbstbedienungsbüffets. Die Idee ist tief verankert und trägt quasi eine Tarnkappe – lange habe ich sie deswegen gar nicht bemerkt. Umso mehr ein Grund, jetzt genauer hinzugucken. Hast du dazu Gedanken? Wir können uns gern in den Kommentaren dazu austauschen!

Zum Abschluss noch eine Buchempfehlung für alle, die selbst Indigo anbauen und ernten möchten: John Marshalls „Soulful Dyeing for All Eternity. Singing the Blues“. Es lohnt sich wirklich, auch wenn der Import nicht günstig ist. Ein tolles Buch!

Und wenn du lernen möchtest, mit Indigoküpen Blau zu färben, das kannst in Indigo Intro lernen.



Hier klicken, um mich bei Pinterest zu finden.


Kommentare

6 Antworten zu „Einfach blau färben mit Indigo: Salz und frischer Färberknöterich“

  1. Schmetterling

    Mich interessiert, ob es auch schon Erfahrungen mit der Salzmethode von Waldbingelblättern gibt. Ich habe eine gute Stelle gefunden, um ausreichend frische Blätter zu ernten. Leider war mein Versuch die Blätter mit Essig zu verarbeiten, wie es bei Färberknöterich prima klappt, nicht erfolgreich. Ich habe auch von Färbeversuchen mit Waldbingelkraut im Kochtopf gehört. Dazu konnte ich aber kein Rezept finden.
    Vielen Dank schon vorab für neue Rechercheergebnisse.
    Viele Grüße von Schmetterling

    PS es sollte alles in Richtung Blau- oder Grünfärben gehen 😉

    1. Hallo,

      und danke für die Frage! Da habe ich mich erstmal etwas eingelesen.

      Ich habe noch nie mit Wald-Bingelkraut (Mercurialis perennis) gefärbt, und es ist mir auch so in Färbebüchern nie untergekommen. In H. Schweppes ‚Handbuch der Naturfarbstoffe‘ habe ich es mal nachgeschlagen – dort findet es sich auch nicht, aber ein anderes Bingelkraut, Mercurialis leiocarpa, das auf mit Alaun gebeizter Wolle blau färben soll.
      Diese Pflanze ist hier aber nicht heimisch, sondern in Korea, China, Japan.

      Die Salzmethode ist ja sehr speziell, und funktioniert beim Färberknöterich eben nur, weil er die Indigovorstufe Indigotin enthält, und dazu Enzyme die beim Färben mit den frischen Blättern helfen.
      Da würde ich mir vom Wald-Bingelkraut also nichts erwarten.

  2. Dagmar

    Von einer bestimmten Marke wurde 100% Indigo als blaufärbend auf dem Bild für die Haare verkauft. Tatsächlich färbt es leider genauso schwarz, wie alle anderen Indigo-Pflanzenhaarfarben. Wie kann man blau hinbekommen? Temperatur? Irgendwelche Zusätze wie Salz? Eine Küpe ist ja nicht für die Haare gedacht, ist denn mit Harnstoff, Wein…. irgendetwas natürlichem ein ähnlicher Ansatz möglich, der auch für die Haare geht? Ich würde mich riesig über eine Antwort freuen!!!

    1. Hallo Dagmar,
      da kann ich dir leider nicht weiterhelfen! Man kann mit frischem Färberknöterich Haare (türkis)blau färben, mit der Salzmethode. Allerdings auch nur auf sehr hellem Haar, und auf meinem weißen Haar hält es wiederum auch nicht.
      Ob oder wie es ohne frische Blätter geht, kann ich nicht sagen.

  3. Ilse Geusen

    Ich habe eine Frage zur Kultivierung der Pflanze: kann man sie als Steckling im Wasser überwintern lassen oder im frostfreien Gewächshaus? Oder sähst du sie jeden Frühling neu aus?
    liebe Grüße von Ilse

    1. Hallo Ilse,
      ich kenne keine positive Erfahrungen zum Überwintern drinnen.
      In warmen Klima können die Pflanzen wohl manchmal draußen überwintern. Sie gelten aber als einjährig, und werden auch dort wo sie heimisch sind entsprechend kultiviert.
      Du kannst aber gut im Herbst blühende Stängel drinnen in der Vase ausreifen lassen, um Samen zu ernten, wenn ansonsten draußen der Frost dazwischen kommt.
      Viele Grüße,
      Elke

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